Tigran`s Geschichte

Im Mai 2002 verstarb mein alter Kater Robespierre im Alter von fast 17 Jahren, und sein Katerkumpel Fouche, mit dem er nahezu sein ganzes Leben verbracht hatte, war allein. Auch Fouche war mit seinen 15 Jahren schon ein Senior, und ich war mir nicht sicher, ob es mit einem anderen Kater gut gehen würde. Im Laufe der folgenden Monate wurde aber klar, dass sowohl dem Kater als auch mir etwas fehlte und so begann ich, in den Medien und im Internet nach einem Kater zu suchen. Aber wie das immer so ist, es fand sich kein Tier, das zu uns zu passen schien.

Dann stieß ich irgendwann auf die webseite der Katzenhilfe Oberhausen und war total begeistert, guckte mir ein Kerlchen aus und nahm einige Tage später nach langem Überlegen, soll ich oder nicht, den Kontakt auf. Der Kater, der es mir angetan hatte, war inzwischen glücklicherweise schon vermittelt, aber Frau Müller war recht zuversichtlich, ein anderes Katerchen zu finden. Und einige Telefonate später mit ihr und Frau Nagel war Tiger gefunden, ein siebenjähriger, schwarzer, wenig dominanter EKH-Kater und es wurde vereinbart, dass die KHO ihn mir am Samstag, den 08.09.2001 vorbei bringt. Vorher mußte er noch vom Tierarzt untersucht werden und es mußten ihm drei Zähne gezogen werden. Es wäre mir lieber gewesen, ihn mir vorher mal anschauen zu können, aber aufgrund diverser Umstände war das nicht so einfach zu bewerkstelligen und so bekam ich die sprichwörtliche Katze im Sack, besser gesagt im Transportkorb. Allerdings hatte ich andererseits noch nie eine Katze gesehen, die ich nicht gemocht hätte.

Um 18.00 war es dann so weit, ich war mittlerweile ziemlich aufgeregt, Frau Nagel und Frau Schaffner kamen mit einem riesigen Transportkorb in meiner Wohnung an, den sie bei mir im Wohnzimmer abstellten, wo er sogleich ziemlich mißtrauisch von Fouche beschnüffelt wurde. Drinnen saß ein kläglich miauendes kleines schwarzes Etwas, das erschöpft aus dem Korb getorkelt kam und noch halb von der Narkose betäubt durch die Wohnung wankte, verfolgt von einem laut und empört knurrenden Fouche. Daran änderte sich auch in den nächsten Tagen nichts, die Primadonna Fouche war zutiefst beleidigt ob dieses Eindringlings und machte daraus auch keinen Hehl. So außer sich hatte ich meinen eigentlich lieben und sanftmütigen Kater noch nie erlebt, aber Tiger ließ sich dadurch nicht provozieren, zur Not versteckte er sich unter dem Sofa oder dem Schrank und ging dem übelgelaunten Scheusal aus dem Weg. Er benutzte zunächst seinen separat aufgestellten Freßnapf und das separate Klo, schaffte es aber innerhalb kürzester Zeit mit zäher Beharrlichkeit, an den gleichen Plätzen zu fressen und sein Geschäft zu verrichten wie der Altkater.

Zu seinem neuen Menschen, also mir, war er von Anfang an freundlich und in gewissen Grenzen auch zutraulich, schmuste und spielte ausgiebig, war aber gleichzeitig sehr mißtrauisch und wachsam.Auf mich machte er den Eindruck eines vernachlässigten Tieres, das bisher vom Leben noch nicht allzu viele Streicheleinheiten erhalten hatte und evtl. von anderen Menschen nicht sehr gut behandelt worden war.

Nachdem innerhalb der ersten Tage das Frontline-Spray abgestreichelt war und mein neuer Stubentiger seine Farbe von schwarz zu einem satten dunkelbraun wechselte und mir auch sonst einige Zweifel an seiner EKH-Zugehörigkeit kamen, wie sein Siam-Stimmchen, sein Fell, das sich wie ein Samtanzug anfühlte ( ohne Unterwolle ), seine so ganz andere Augenform, fing ich an, meine Katzenbücher zu wälzen und Recherchen im Internet zu betreiben und siehe da, mein neuer Hausgenosse erwies sich als edler Burmese und ich bin seitdem stolze Besitzerin eines „Burmelchens", wobei er wirklich alle Eigenheiten dieser liebenswerten, sanften und menschenbezogenen Katzenrasse aufweist.

Eigentlich wollte ich ja seinen Namen ändern, weil ich Tiger für einen einfarbigen Kater eher unpassend und einfallslos finde, aber er hörte so gut darauf, kam auch sofort, wenn ich ihn rief, dass ich es erst mal beließ. Durch Zufall stieß ich auf den russischen Vornamen „Tigran", der mir auf Anhieb so gefiel, dass ich den Kater umbenannte und durch die Ähnlichkeit der Laute paßt es gut, den Kater scheint’s nicht zu stören.

Mittlerweile ist Tigran nun schon fast ein Jahr bei uns und er ist eines der liebsten Katerchen, das ich jemals hatte. Mit Fouche verbindet ihn eine große Katzenliebe, die beiden putzen sich gegenseitig stundenlang, kuscheln zusammen und hängen sehr aneinander.

Tigran hat sich von einem verängstigten Tier zu einem zutraulichen, freundlichen, anhänglichen Kater entwickelt, mit einer Vorliebe für Milchprodukte aller Art, die er aber nicht so häufig bekommt, da er mit Durchfall reagiert. Er ist der erste Kater, den ich kenne, der Blauschimmel- und Knoblauchkäse mit Begeisterung frißt, es ist überhaupt unheimlich, welches Sonar er in bezug auf Essen besitzt. Egal, wo er sich oder ich mich in der Wohnung aufhalte, kaum habe ich etwas Essbares im Mund und kaue, steht der Kater vor mir und ist manches Mal arg enttäuscht, gibt es doch tatsächlich Lebensmittel, die Katzen nicht mögen und die Menschen essen, sowas aber auch!

Nur eins hasst er wie die Pest: Transportboxen! Einmal ist es mir mit List und Tücke und natürlich Leckerlis gelungen, ihn in eine solche zu bringen, um zum Tierarzt zum Impfen zu fahren, danach nie wieder. Zum Glück haben wir jetzt einen Tierarzt, der Hausbesuche macht.

Seinen Geburtstag werden wir mangels besseren Wissens am 08.September feiern und diesen ersten ganz besonders.

Ich muß ehrlich sagen, hätte ich diesen Kater inmitten anderer gesehen, ich weiß nicht, ob ich mich für ihn entschieden hätte, aber heute bin ich der festen Meinung, er ist das perfekte Katerchen für uns und ich möchte ihn nicht mehr missen.

Gleichzeitig möchte ich an alle zukünftigen Dosenöffner appellieren, sich ruhig ein älteres Tier zuzulegen, die Dankbarkeit und Zuneigung, die man bekommt ist überwältigend und gerade diese Tiere haben es mehr als verdient, ein gutes Zuhause zu finden.

Und noch mal ein herzliches Dankeschön und liebe Grüße an die KHO.

Susanne Rohlmann